Sonntag, 3. Juni 2007
G8 - Wenn aus Kritik Wut wird... Teil 2
Am 03. Juni 2007 im Topic 'Politik'
...leider muss ich jetzt mal meine Sympathie mit den Aufständischen in Rostock bekunden. Auch mir, der sich seit Jahrzehnten mit der Ignoranz, die das gemeine Volk vom Staat viel zu oft erfährt, kritisch auseinander setzt, ging schon oft der Hut hoch. Eine friedliche Demonstration von 10, 20 oder 100.000 Menschen lockt unsere Verantwortlichen doch nicht aus der Reserve. Das ist ja das Schlimme.

Die Wirkung friedlicher Demos ist schon lange Schnee von gestern. Das Gehör unserer Politiker wird leider immer schlechter. Hauptsache die Wählerstimmen gehen nicht verloren, das heisst ja auch Machtverlust und meist auch Geltungs- und Geldverlust für unsere verantwortungsvollen Damen und Herren aus den großen Volksparteien. Droht dies, wird "gehandelt" - dann wird proklamiert und wilder Aktionismus verbreitet, ändern tut sich meist nichts. Kein Wunder, dass vielen die Halsschlagader schwillt. Denn gegen diesen Hörfehler hilft anscheinend oft nur noch Gewalt. Meiner Meinung nach haben sich die verehrten Damen und Herren das selbst zuzuschreiben.

Ein Volk kann man eben nicht immer nur mit scheinbarer Wahrnehmung seiner Interessen zufriedenstellen. Man muss ihm auch spürbar zeigen, dass man sich seiner annimmt und seine Sorgen ernst nimmt. Aber starke Persönlichkeiten, die mal gegen die "großen 7" ihren Mann oder ihre Frau stehen, sucht man vergebens. Die Bemühungen von Frau Merkel in allen Ehren. Eine Erklärung für die rigorose Sicherheitspolitik zum G8-Gipfel hätte viele Gemüter wenigstens im Ansatz besänftigen können.

Im nächsten Schritt sollten die Sorgen der Bürger um die Eigendynamik der Globalisierung endlich mal ehrlich angenommen werden. Schliesslich wird nicht erst seit gestern gegen die Politik der G8 demonstriert! Die Geschicke der Welt und 6,5 Millarden Menschen können nicht nur von 8 Leuten gelenkt werden! Was für eine masslos arrogante Überschätzung und Dreistigkeit aus der Politik der Industriestaaten, allen voran den USA, spricht ist mit Worten kaum mehr zu beschreiben.

Man darf gespannt sein, ob der Wählerschwund und derer, die Demokratie leben und gestalten können, noch rechtzeitig abgefangen wird. Ansonsten steuern wir auf chaotische Verhältnisse zu. Aber das trifft dann eh nur uns. Wenns in der Gesellschaft ersma richtig rund geht, mit Themen wie: 2-Klassengesellschaft, Verarmung, Bildungsschwund, Parallelgesellschaften, Immigration, etc. - dann haben sich die oberen 10.000 bereits in ihrem Feriendomizil gemütlich eingerichtet und verfolgen die Resultate ihrer Entscheidungen entspannt am Fernseher. Schöne Aussichten.

Zwar keine Dauerlösung, aber verständliche Wut, die aus diesem Bild spricht.



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Sachsen, Sex und Korruption
Am 02. Juni 2007 im Topic 'Politik'
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,486252,00.html

Ich schrieb schon einmal über dieses "Kartell" das dort sein Unwesen treiben soll. Nun war es längere Zeit ruhig. Aber jetzt wird es ja doch langsam interessant! Politiker sollte man sein. Das dachte ich gestern schon wieder, als ich den Titel der Bildzeitung las. Selbst Lügner in Staatsdiensten erhalten noch schön brav nach deutscher Gründlichkeit und Ordnung ihre Pensionen und Abfindungen. So halt auch geschehen mit Herrn Uhl aus der SPD.

Uhl erklärte: "Entschuldigen lässt sich mein Verhalten nicht, wohl aber erklären." Die Vorwürfe hätten ihn während des Bundestagswahlkampfes 2005 getroffen. Damals war die VW-Affäre ans Licht gekommen. Uhl teilte mit, er habe nicht die Chance verlieren wollen, weiterhin für die Belange seines Wahlkreises Helmstedt/Wolfsburg und des Landes Niedersachsen im Bundestag tätig zu sein. "In der Zeit danach habe ich nicht den Mut gefunden, den Weg zu verlassen, den ich eingeschlagen hatte." Uhl war 2002 erstmals direkt in den Bundestag gewählt und 2005 wiedergewählt worden. Aus dem Sternbericht.

Ja, es gibt eben noch aufrichtige Menschen, die in der Politik alles für ihren Wahlkreis geben. Aber wirklich alles. Alles aus dem tiefsten Inneren.

Eigentlich kann man als Politiker in unserem Land garnix falsch machen. Nur wenn du dich ganz doll daneben benimmst und der Öffentlichkeit von den schmutzigen Dingen deiner Parteigenossen erzählst, dann wirst du abserviert. Ich habe manchmal das Gefühl es gibt kaum einen idiotensichereren Job als eben diesen.

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Montag, 14. Mai 2007
Wo wir grad von Geldschleuderei sprechen
Am 14. Mai 2007 im Topic 'Politik'
Da kann man "nur noch mit dem Kopf schütteln", sagt nicht nur Daniel Friedrich, Sprecher des IG-Metall-Bezirks Küste. Wütend mussten die Belegschaften der Airbus-Werke in Deutschland und Frankreich zur Kenntnis nehmen, dass "Chef-Versager" Noël Forgeard, der im Sommer 2006 wegen des A380-Debakels geschasste Ex-Vorstandschef, eine Abfindung von 8,5 Millionen Euro kassierte. Aber nicht nur das. Jetzt fanden "Focus"-Reporter heraus, dass Forgeard ab 2009 auch noch lebenslänglich pro Monat rund 33000 Euro Betriebsrente zustehen.

Mehr ernüchternde Details und ein hässliches Photo von dem Weichei gibts hier:

http://www.mopo.de/2007/20070515/hamburg/politik/vergoldeter_abflug_fuer_chef_versager.html

Ich kann immer wieder nur erstaunt sein, über solchen Blödsinn. Die einen kämpfen jeden Tag erneut ums Überleben, andere arbeiten 50-100 Stunden die Woche, um 3000 Euro brutto nach Hause zu bringen und wieder andere fahren ein riesen Unternehmen fast gegen die Wand, sind für das ungewisse Schicksal von 10.000 Menschen verantwortlich und kassieren dafür quasi noch extra ein paar Millionen oben drauf. Und der Vorstand guckt auf Anfrage nur völlig überrascht, es sei doch alles im grünen Bereich. Solche Systeme kann sich nur der Mensch ausgedacht haben.

Das ist sowas von aus einer anderen Welt müsste man denken und doch sitzt man mitten drin. Also wen das nicht mindestens irritiert, der verdient meinen ausserordentlichen Respekt für gute Nerven.

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Eine Sauerei jagt die nächste...
Am 14. Mai 2007 im Topic 'Politik'
Der sächsische Verfassungsschutz ist einem seltsamen Kartell nach Art der Organisierten Kriminalität auf die Spur gekommen. Die Vorwürfe, die den Freistaat seit Wochenbeginn erschüttern, drehen sich um Immobiliendeals und Kinderprostitution, Korruption und dubiose Todesfälle. Involviert in das kriminelle Geflecht sollen nicht nur Bauunternehmen und Immobilienhändler sein, sondern auch ranghohe Politiker, leitende Staatsanwälte, Polizisten und Richter. Doch Sachsens Datenschützer Andreas Schurig will die geheimen Akten schreddern lassen. Der Grund: Die Informationen seien vom Verfassungsschutz illegal gesammelt worden.

Weiter hier:
http://www.welt.de/politik/article872209/Eine_Affaere_um_Rotlicht_und_Blaulicht.html

Die Kröte hat keine Meinung dazu...

Denn inzwischen dürfte so nahezu jedem bekannt sein, dass diese Meldungen, wenn sie es denn bis in die große Presse schaffen, nur ein Tropfen der Spitze des Eisberges sind. Ich persönlich wunder mich eher darüber, wenn ein Politiker aus selbigen Gründen zurücktritt, ohne dass ihn die Öffentlichkeit vorher zerfetzt hat. Aber soviel Rückrat ist in derartigen Geflechten und Charakterbildern auch eigentlich nicht mehr zu erwarten.
Die "alte Garde" hat sichs da oben halt richtig gemütlich gemacht. Und obwohl die Parteien immer lauter schreien, dass ihnen der Nachwuchs fehle, mal im Ernst: Der macht es den Altgedienten doch nur unbequem. Aber irgendwann löst sich das Problem eh von selbst. Auf welche Art es das tut ist das einzige, was man in der Hand hat.

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Mittwoch, 18. April 2007
Wenn Verkehrsminister den Klimaschutz planen
Am 18. April 2007 im Topic 'Politik'
Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) will noch in diesem Jahr ein verbindliches Klima-Label für alle Neufahrzeuge einführen. Der Klima-Pass werde Aufschluss darüber geben, wieviel klimaschädigendes Kohlendioxid das Auto ausstoße und in welchem Verhältnis der Ausstoß zur Nutzlast stehe, sagte Tiefensee der "Bild"-Zeitung. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) wandte sich gegen die Einführung eines nationalen Systems. Stattdessen solle auf eine EU-Regelung hingearbeitet werden, um die CO2-Kennzeichnung von Neufahrzeugen europaweit zu vereinheitlichen.

Dienstwagen des Bundesministeriums für Verkehrswesen
Wolfgang Tiefensee: BMW 740 i - Benzin - 306PS - 16,3 L - 267g CO²

"Wir brauchen mehr Transparenz als Grundlage für vernünftige Kauf-Entscheidungen", sagte Tiefensee. Bisher sei der CO2-Wert nur als absolute Zahl im Katalog angegeben. Damit könne sich niemand ein Bild machen, ob der Ausstoß von Kohlendioxid hoch oder niedrig sei. Deshalb schlage er vor, dass die Autohändler so über die Umweltfreundlichkeit informieren müssten, "wie wir es vom Kühlschrank kennen - mit einem deutlich sichtbar angebrachten Klima-Pass".

Auf diesem Pass soll es laut Tiefensee zwei Skalen geben: "Auf der oberen ist der CO2-Ausstoß ablesbar. Grün heißt sehr wenig CO2, gelb bedeutet mittel und rot weist auf einen sehr hohen CO2-Wert hin." Auf der zweiten Skala solle der CO2-Nutzwert erkennbar sein, bei dem die maximale Zuladung mit in Betracht gezogen werde. Demnach wäre ein Family-Van wie der Opel Zafira Diesel, mit dem eine große Familie in Urlaub fahren könne, im vorderen Bereich der Skala. Ein zweisitziger Sportwagen wie der Mercedes SLK, mit dem wenig transportiert werden könne, würde deutlich ungünstiger eingestuft.

Der VDA erklärte, die CO2-Kennzeichnung müsse einfach verständlich sein und die unterschiedliche Nutzung von Fahrzeugen berücksichtigen. "Für mehr Verbraucherfreundlichkeit sollte auch die CO2-Kennzeichnung für Neufahrzeuge europaweit einheitlich sein. Darüber sollten wir jetzt gemeinsam reden."

Quelle: Die Welt

KLINGT GUT, IST ES ABER NICHT!

Den Ausstoß an klimaschädlichem CO2 im Verhältnis zur Nutzlast zu bewerten, begünstige ausgerechnet die schweren Edel-Geländewagen, kritisierte der Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Jürgen Resch, in Berlin. In dem von Tiefensee vor zwei Wochen vorgeschlagenen Klimapass für Neuwagen soll neben dem CO2-Ausstoß auch die Nutzlast angegeben werden. Damit hätten Autos wie der VW Touareg, der BMW X5, der Audi Q7 oder Porsche Cayenne laschere Schadstoffgrenzwerte als normale Limousinen, sagte Resch.

Tiefensees Vorschlag sei eine von vielen Maßnahmen, die "zu enormen Zuwachsraten bei den spritdurstigsten Fahrzeugen auf deutschen Straßen beitragen", kritisierte der DUH-Sprecher. "Die von Minister Tiefensee vorangetriebene ökologische Reinwaschung schwerer Geländewagen erfüllt den Tatbestand der Verbrauchertäuschung." Resch sprach von einem "weltweit einzigartigen Förderprogramm für schwere Klimakiller".

Hauptauslöser für den Erfolg der schweren Geländewagen seien die finanziellen Vorteile beim Kauf von Firmenwagen von bis zur Hälfte des Kaufpreises, erklärte die Umwelthilfe. So subventioniere der Finanzminister die Anschaffung eines Audi Q7 mit bis zu 34.500 Euro, eines VW Touareg mit bis zu 37.500 Euro und eines voll ausgestatteten Porsche Cayenne mit 53.200 Euro. Kein Wunder, dass drei von vier Geländewagen als Firmenfahrzeuge zugelassen seien, unabhängig von der Frage, ob das Sinn mache.

weiter hier: http://www.spiegel.de/auto/aktuell/0,1518,477775,00.html


Ökozial völlig in Ordnung!

Man darf doch auch die armen SuV-Fahrer nicht immer so diskriminieren. Daher ist es total ok, dass Herr Tiefensee ihnen eine Legitimation verpasst, wie sie sich in ihren dicken Autos auch weiterhin wohl fühlen können. So einen sozialen Zug hätte ich von ihm garnicht erwartet. Dass kaum einer der Fahrer die Nutzlast auch sinnvoll nutzt und damit dem Klima "hilft" scheint dem Herrn Verkehrsminister dabei völlig entgangen zu sein.

Ja, ich weiß. Man darf das alles nicht immer so genau sehen: Arbeitsplätze. Gerade in seiner alten Amtsstadt Leipzig. Das neue Werk von Porsche hat Herr Tiefensee persönlich eröffnet. Nun baut der Sportwagenhersteller dort noch mehr von den dicken Kisten, die kein Mensch braucht. Naja, fast kein Mensch. Bekannterweise legen z.B. Revieroberförster hohen Wert auf Stil im Gelände! Das sollte man dabei nicht vergessen. Auch wenn ein solcher Wagen den Ansprüchen eines Waldarbeiters überhaupt nicht genügt. Man stelle sich nur mal vor, den Cayenne mit Ästen und halben Bäumen voll zu stopfen, oder Motorsägen und dreckiges Arbeitszeug in ihm zu transportieren...

Aber was will man erwarten, wenn Verkehrsminister, die sich mit der Automobilbranche gut verstehen, den Klimaschutz planen?

Zudem ist die ganze Angelegenheit mit dem Klimapass zwar eine gute Idee, wird aber kaum funktionieren. Denn: Was soll der umweltbewusste Bürger für ein Auto kaufen? Die deutsche Automobilindustrie liefert kaum passende Modelle! Tja, da beisst sich die Katze in den Schwanz. Lediglich koreanische Autos besitzen schon einen klimafreundlichen Hybridantrieb serienmässig. Auch hier zeigt sich das deutsche Dilemma in seinem ganzen Ausmaß. Dicke Autos mit viel PS, schicke Limousinen und Mittelklassewagen, die Luxuskarossen ähneln, dominieren den Handel.

Beispiel VW Golf. Wer will denn heute noch einen kleinen Golf, wie es ihn mal gab? Viele! Aber stattdessen baut VW einen Golf so unverschämt teuer und groß wie ein Audi A3. Der "Volkswagen" verkommt zum "Volkswaggon" und dann fragt man sich, wieso die ausländischen Marken so viele Kunden gewinnen. Auch bei Mercedes-Benz verblendet der Glanz großer SuVs und Luxuskarossen den Blick auf die Umwelt. Der Frust über diese Ignoranz und das verschenkte Potential fand sein Ventil in der Aktionärsversammlung vor einigen Wochen. Völlig fassunglos empörte sich der Vorstand der kritischen Aktionäre, Paul Russmann, über die Firmepolitik der letzten Jahre. Es kann auch einfach nicht sein, dass der Pionier des Automobilbaus keine CO² sparenden Modelle konzipiert und immer noch weiter Spritfresser als "Die Zukunft des Automobils" auslobt.

Die ehemaligen Vorreiter des Autobaus verlieren zunehmend den Halt im Sattel. Dabei wäre Reiten sehr viel umweltschonender.

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Sonntag, 15. April 2007
Politiker kassiert 75.000 Euro Schmiergeld - Straffrei
Am 15. April 2007 im Topic 'Politik'
Manchmal ist die Frage von Strafe oder Nichtstrafe einfach eine Frage der Zeit. Wie im Fall von Wilhelm Droste. Rund 150.000 Mark (75.000 Euro) Schmiergelder hat der langjährige nordrhein-westfälische CDU-Landtagsabgeordnete im Zusammenhang mit einem Bebauungsplan in Ratingen kassiert.

Wilhelm Droste im Düsseldorfer Landgericht: Trotz angenommener Schmiergelder wegen Verjährung straffrei geblieben. Die Staatsanwaltschaft hatte für den CDU-Politiker ein Jahr Gefängnis auf Bewährung gefordert. Aber vor dem Düsseldorfer Landgericht ist der 73-Jährige gänzlich ohne Strafe geblieben. Der Grund: Die Annahme von Leistungen ist verjährt. Sie "wären für uns als Abgeordnetenbestechung strafbar gewesen, wenn die Tat nicht im November 2006 verjährt wäre, sagte der Vorsitzende Richter am Düsseldorfer Landgericht, Rainer Drees, heute.

Droste entging damit der bundesweit ersten Verurteilung eines Politikers wegen Abgeordnetenbestechung. Droste war nach Bekanntwerden der Vorwürfe von allen Ämtern zurückgetreten - von 1970 bis 1985 gehörte er dem Düsseldorfer Landtag an und war in seiner Heimatstadt Ratingen auch stellvertretender Bürgermeister.

Der Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung war 1994 eingeführt worden. Dabei muss allerdings eine "konkrete Unrechtsvereinbarung" nachgewiesen werden. Der Bund der Steuerzahler forderte nach der Entscheidung eine zügige Änderung des Anti- Korruptions-Rechts. Der Bundesgerichtshof hatte den Bundestag schon im vergangenen Jahr aufgefordert, "für Abhilfe zu sorgen".

Quelle: Spiegel


Dazu meint die Ökozialdemokröte:

Kein Kommentar

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Montag, 26. März 2007
Peter Hartz kritisiert Hartz IV
Am 26. März 2007 im Topic 'Politik'
Der frühere VW-Manager Peter Hartz hat harte Kritik an den nach ihm benannten Arbeitsmarktgesetzen geübt. Besonders die Regelung, nach der ein Arbeitsloser nur noch zwölf Monate lang das an seinem früheren Einkommen bemessene Arbeitslosengeld I erhält, sei "ein großer Fehler, ein Betrug, wenn Sie so wollen, an denen, die jahrelang in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben", sagte Hartz der "Bild am Sonntag". Ein weiterer Fehler sei, dass die Zuständigkeit für die Betreuung der Arbeitslosen teilweise nicht mehr bei der Bundesagentur für Arbeit liege.

Hartz hob hervor, dass die von ihm geleitete Kommission zur Reform des Arbeitsmarktes dies 2002 nicht so vorgeschlagen habe. Schuld daran, "dass nicht überall wo Hartz draufsteht, Hartz drin ist", seien die unterschiedlichen Mehrheitsverhältnisse in Bundestag und Bundesrat, Widerstände in der SPD-Fraktion sowie im Bundesarbeitsministerium gewesen, sagte Hartz. Der ehemalige Topmanager beklagte erneut, er sei "zum Buhmann der Nation geworden", weil die Politik damals die Vorschläge seiner Kommission nicht eins zu eins umgesetzt habe.

Heute erscheint Peter Hartz' Buch "Macht und Ohnmacht" im Verlag Hoffmann und Campe. Auf 315 Seiten erzählt der frühere Arbeitsdirektor von VW im Gespräch mit der Journalistin Inge Kloepfer über seinen Aufstieg, seine Zeit bei Volkswagen, sein Verhältnis zum früheren Bundeskanzler Gerhard Schröder und seinen tiefen Fall im Sumpf der VW-Affäre um Korruption und Vergnügungsreisen für Betriebsräte. Auf der Leipziger Buchmesse hielt der Verlag das Buch noch unter Verschluss. Beim Internet-Anbieter Amazon.de waren die Hartz-Ergüsse bereits vor Erscheinen auf die Hitliste gerückt.

Über die Urteilsverkündung vor dem Braunschweiger Landgericht, wo Hartz wegen Untreue zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung und über 500 000 Euro Geldstrafe verurteilt wurde, sagt Hartz im Buch: "Im Namen des Volkes - diese vier Worte haben mich ins Mark getroffen." Hartz hatte dem Vorsitzenden des Gesamtbetriebsrats, Klaus Volkert, über Jahre Sonderbonuszahlungen in Millionenhöhe zugeschanzt und auch teure Reisen und Geschenke für dessen Geliebte auf VW-Kosten finanziert.

Dabei verteidigt Hartz, dass er Volkert über alle Maßen hofierte: "Ich, auch der ganze Konzern, waren auf seine Kooperationsbereitschaft angewiesen. Ohne den Betriebsrat lief vieles nicht bei VW. Und Volkert führte den Betriebsrat." Über eigene Verfehlungen auf den Dienstreisen sagt Hartz: "Diese Frage berührt mein Privatleben, das niemanden etwas angeht. Sie hat jedenfalls mit VW nichts zu tun." Auf Kosten von VW habe er sich nie amüsiert.

Quelle: Hamburger Abendblatt

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Sonntag, 25. März 2007
Wer braucht schon Kinder?
Am 25. März 2007 im Topic 'Politik'
Der Kölner Erzbischof Joseph Kardinal Meisner hat die Familienpolitik der Bundesregierung als „Scheckbuchpolitik“ kritisiert, die an der demographischen Krise nichts ändern werde. In einem Beitrag für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung schreibt Meisner: „Alle wichtigen Probleme - so glaubt man - lassen sich mit Geld lösen.“

Der niedrigen Geburtenrate jedoch sei durch finanzielle Mittel nicht beizukommen. Die Gleichung „Je mehr Krippen, desto mehr Kinder“ sei falsch. So sei das Betreuungsangebot für Kinder unter drei Jahren in keiner Gegend Deutschlands so ausgebaut wie in den Ländern der ehemaligen DDR, „und nirgendwo ist die Geburtenrate so niedrig wie dort“. Flexible Arbeitszeiten oder Teilzeitbeschäftigung seien für Paare, die daran denken, ein Kind zu bekommen, wichtiger als Betreuungsplätze.

„Kinder sind ein Geschenk“

Der Kardinal fordert, Deutschland brauche einen Mentalitätswandel. Es herrsche die Einstellung vor, Kinder seien eine „Last“, ein „letzter Luxus, den man sich leistet, wenn alles andere schon erreicht ist“. Die derzeitige Familienpolitik, so Meisner weiter, „unterstützt - ungewollt - diese Mentalität“. Denn insbesondere der Ausbau der Betreuung für die unter Dreijährigen „suggeriert, Kinder seien zwar nötig für die Gesellschaft, aber eine Last für die Eltern. Und damit diese Last möglichst wenig Beschwerden macht, fördert der Staat die elternlose Kinderbetreuung, während die Eltern weiter erwerbstätig bleiben. Bestraft werden - de facto - die Mütter oder Väter, die auf Einkommen verzichten, um sich zu Hause selbst ihren Kindern zu widmen.“

Meisner appelliert an die Deutschen: „Unser Land braucht eine Mentalität, die sagt: Kinder sind ein Geschenk und Elternschaft ist ein Ausdruck von Lebensfreude.“ Die Familienpolitik solle „Maß nehmen am Wohl des Kinder“. Meisner fährt fort: „Ich finde es schlimm, wenn viele Mütter aus finanziellen Gründen sobald wie möglich nach der Geburt eine Erwerbstätigkeit aufnehmen müssen. Manchmal geht es nicht anders, aber dient das dem Wohl des Kindes?“

Kinder bräuchten in den ersten Lebensjahren eine „feste und intensive Beziehung zu ihren Eltern“. Daher müsse es „Eltern, insbesondere Müttern“, ermöglicht werden, in den ersten Lebensjahren beim Kind zu bleiben, etwa durch höhere Kinderfreibeträge. „Seitens der Wirtschaft sollten alle Möglichkeiten von Teilzeitarbeit bis hin zu Heimarbeitsplätzen ausgelotet werden.“ Vor allem müsse es Möglichkeiten geben, nach einer großzügig bemessenen „Babypause“ wieder in den erlernten Beruf einzusteigen. „Und wenn dennoch die volle Berufstätigkeit von Vater und Mutter erforderlich sein sollte“, so der Kardinal, „dann wäre einer Kinderkrippe die Tagesmutter auf jeden Fall vorzuziehen.“

Quelle: FAZ

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Ruhe im Puff?
Am 25. März 2007 im Topic 'Politik'
Die Ermittlungen im Falle Volkswagen haben neue Dimensionen von illegalen Machenschaften in dem Konzern ans Licht gebracht. Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Klaus Volkert genoß eine in der gesamten deutschen Großindustrie einmalige Machtstellung. Mit Billigung des zuständigen Vorstandsmitglieds standen ihm die Firmenjets ebenso zur Verfügung wie käufliche Frauen auf Unternehmenskosten. Zudem hat er eine bemerkenswerte Einkommenskarriere hinter sich gebracht: 1990 verdiente er umgerechnet 57 332 Euro - zehn Jahre später war es das Zehnfache.

Die wunderbare Lohnvermehrung kam so zustande: Volkert soll neben seinem Jahresgehalt von zuletzt 360 000 Euro jährliche Sonderzahlungen zwischen 200 000 und 300 000 Euro erhalten haben - zwischen 1994 und 2005 insgesamt 1,95 Millionen Euro. Daneben soll das Unternehmen 399 000 Euro durch Arbeitsdirektor Peter Hartz an die brasilianische Geliebte Volkerts gezahlt haben.

Auch Volkerts Vize soll Sonderzahlungen erhalten haben. Sein Kommentar: Als Führungskraft stehe ihm das Geld zu. Das war offenbar die gemeinsame Überzeugung des VW-Vorstands, dem seit 1993 Ferdinand Piëch vorstand, sowie der Betriebsräte und der in dem Unternehmen allmächtigen IG Metall. Denn seit 1991 wird bei VW eine geheime Vereinbarung über eine vermeintlich "gerechte Ermittlung des Arbeitsentgelts von Betriebsratsmitgliedern" praktiziert.

Sexparties auch für Manager

Danach erhalten - außer den bekanntgewordenen Sonderleistungen in Form von Schmiergeldern, Sexparties (auch für Spitzenmanager), Lustreisen mit Partnerinnen und bei anderen Anlässen auf Unternehmenskosten - speziell ausgesuchte Mitglieder der Arbeitnehmervertretungen neben ihrem Konzern- und Unternehmensbonus einen "persönlichen Leistungsbonus", wie er für Führungskräfte vorgesehen ist.

Solche Sonderleistungen sind gesetzeswidrig. "Die Mitglieder des Betriebsrates führen ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt", heißt es in § 37 Absatz 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Diese Vorschrift kann weder durch Tarifvertrag noch durch Betriebsvereinbarung abgeändert werden. Die ausnahmslos verordnete Unentgeltlichkeit soll die innere und äußere Unabhängigkeit der Betriebsräte sichern.

Das Gesetz verbietet jede Gewährung eines offenen oder versteckten Entgelts für die Betriebsratstätigkeit. Maßgebend für die Festsetzung der Vergütung ist das Arbeitsentgelt derjenigen Arbeitnehmer, deren Tätigkeit mit der des Amtsträgers bei der Übernahme des Amtes vergleichbar ist. Sein Entgelt ist nur an die Entwicklung seiner bisherigen Arbeitgruppe laufend anzupassen. Darin liegt das Verbot, die Vergütung der Betriebsratsmitglieder nach einer Bewertung der Betriebsratstätigkeit zu bemessen.

Betriebsräte dürfen nicht gekauft werden

Die Betriebsratsmitglieder sollen vom Arbeitgeber also nicht "gekauft" werden können. Das Gesetz soll die Gefahr einer Korrumpierung durch die Unternehmensleitung ausschließen. Für eine gesetzliche Neuregelung der Betriebsratsvergütungen könnten die Verantwortungslasten eines Betriebsratsmitglieds gerade in den Führungsämtern sprechen. Die Gesetzgebung ist jedoch solchen Anregungen nicht gefolgt.

Daß dies den bei VW handelnden Personen bewußt war, ergibt sich daraus, daß die Vereinbarung über die Sondervergütung als geheime Kommandosache behandelt wurde. Noch "geheimer" waren nach den Angaben von Hartz die Sonderleistungen an den Vorsitzenden Volkert, weil keine ähnlichen Begehrlichkeiten bei anderen Gesamtbetriebsratsmitgliedern geweckt werden sollten.

Nach § 119 BetrVG wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wer ein Betriebsratsmitglied "um seiner Tätigkeit willen" benachteiligt oder begünstigt. Das kollusive Verhalten der Unternehmensleitung mit dem Gesamtbetriebsrat betrifft mehrere Ebenen. Die Sondervereinbarung über die Vergütung der Gesamtbetriebsratsmitglieder von 1991 verstößt klar gegen das Begünstigungsverbot. Eine fast abenteuerliche Dimension bekommt die über Jahre betriebene Beeinflussung der Entscheidungen der Arbeitnehmervertreter durch die Art und den Umfang der breit gestreuten "Nebenleistungen", für deren Organisation und Abwicklung eine eigene Abteilung im Vorstandsressort des Arbeitsdirektors eingerichtet war. Über die Verwendung großer Summen (Tarnwort: Vertrauensspesen) wurden keine Belege verlangt.

Nichts gewußt?

Dem neutralen Beobachter fällt auf, daß der Gesamtvorstand von VW - auch sein Vorsitzender Piëch - und die IG Metall, die dort seit je den stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden stellt, von dem ganzen rechtswidrigen Treiben in Millionenhöhe nichts gewußt haben wollen. Was war denn mit dem Controlling und der Rolle des Vorstandschefs Piëch bei VW in dieser Zeit? Muß Hartz als Sündenbock für weitere in den Skandal verwickelte Kreise im Unternehmen und in der Gewerkschaft büßen? Nun heißt es zudem, der Strafprozeß gegen Hartz solle nach Vorabsprachen zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung als quasi geheimes Schnellverfahren ohne Zeugenvernehmung über die Bühne gehen. Bahnt sich hier ein neuer Justizskandal an?

Die Straftat des § 119 BetrVG wird nach dessen Absatz 2 "nur auf Antrag des Betriebsrats, des Gesamtbetriebsrats, des Konzernbetriebsrats, des Unternehmers oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft" verfolgt. Ein Antragsrecht der betroffenen und geschädigten Arbeitnehmer ist nicht vorgesehen. Das Gesetz soll die Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Betrieb gewährleisten. Doch was wird aus dieser Mitbestimmung, wenn ihre Spitzenfunktionäre sich einvernehmlich mit der Unternehmensleitung über Jahre hin durch geheime Vertragsregelungen begünstigen lassen - also die Mitbestimmung der Arbeitnehmer gemeinsam mit der Unternehmensleitung verraten?

Fehlende Aufklärung

Das Gesetz enthält somit eine sinnwidrige Regelungslücke. Die Errichtung eines Betriebsrats können nach § 17 BetrVG drei wahlberechtigte Arbeitnehmer des Betriebs einleiten. Bei schweren Gesetzesverfehlungen der gewählten Arbeitnehmervertreter hat die verratene Belegschaft dagegen keinerlei Einfluß auf die Einleitung eines Strafverfahrens. Hartz war auf Vorschlag der IG Metall und mit deren Stimmen im Aufsichtsrat in sein Amt gekommen.

Die derzeitigen Umstrukturierungen bei VW hat der Aufsichtsratsvorsitzende Piëch, der in der Skandalzeit von 1993 bis 2003 Vorstandsvorsitzender war, zu einem erheblichen Teil nur mit den Stimmen der Gewerkschafts- und Belegschaftsvertreter und gegen Teile der Anteilseignervertreter im Aufsichtsrat durchsetzen können. Das spezielle "System Volkswagen" der Mitbestimmung funktioniert weiter. Gerade wer die Mitbestimmung erhalten will, muß aber entschieden für die vollständige Aufklärung der Vorgänge und für wirksame Schranken gegen eine Wiederholung eintreten. Daran fehlt es bisher.

WENIG SPÄTER...

Der Augias-Stall, der sich innerhalb des VW-Konzerns gebildet hatte, wurde wie befürchtet auch vor dem Landgericht Braunschweig nicht ausgemistet. Nach Vorabsprachen zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung ging der Strafprozeß gegen Hartz als quasi geheimes Schnellverfahren ohne Zeugenvernehmung über die Bühne. Aussagen von kessen Freudenmädchen blieben Peter Hartz ebenso erspart wie – was noch viel schwerer wiegt – eine Strafe, die dem Schaden, den er angerichtet hat, angemessen wäre. Der frühere VW-Vorstand kommt mit einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren und der Zahlung von 360 Tagessätzen, also einem Jahresgehalt, weg. Dieses Urteil wurde von dem Rechtsanwalt Christian Roßmüller in einer Kolumne für die Financial Times Deutschland (30. Januar 2007) als »illegitim« und »rechtswidriger Strafdeal« bezeichnet. Peter Hartz muß sich nun auch nicht vor Hartz IV fürchten, denn er fällt im Gegensatz zu denen, die die nach ihm benannten Regelleistungen beziehen, äußerst weich. Nach Schätzungen der Bild-Zeitung liegt seine Netto-Rente bei 25.000 Euro monatlich; das entspricht dem 72fachen des Hartz-IV-Regelsatzes von 345 Euro. Dazu dürften noch hohe Tantiemen für seine im laufenden Monat erscheinende Auto-Biographie »Macht und Ohnmacht« kommen.

Bei den Bürgerinnen und Bürgern muß sich nach diesem Prozeß zu Recht das Bild eines vermachteten Kartells aus Politik, Wirtschaft und Justiz festsetzen, bei der eine Krähe der anderen kein Auge aushackt. Trotzdem oder gerade deswegen hat der Prozeß gegen Peter Hartz eine hohe symbolpolitische Bedeutung. Der Mann, dessen Konzepte für Millionen Deutsche zum bitteren Schicksal wurden, ist nun ein verurteilter Straftäter. Die Enthüllungen um seine Person zeigen, daß im Manager-Kapitalismus der großen Aktien-Gesellschaften eben nicht der fähige und visionäre Unternehmer, sondern der käufliche Angestellte gefragt ist, der sich durch Zuwendungen aller Art einbinden und ruhigstellen läßt. Eine wirklich selbständige und verantwortungsbewußte Unternehmer-Persönlichkeit hätte wohl in einem Umfeld, wie es den VW-Konzern jahrelang dominierte, überhaupt keine Chance. Das, was da alles im Wolfsburger Biotop gedieh, ist symptomatisch für die späte Bundesrepublik. Einige Koofmich-Figuren dominieren das öffentliche Leben, während breite Schichten des Mittelstandes und der arbeitenden Bevölkerung den sozialen Abstieg fürchten.

Quelle: FAZ | Deutsche Stimme

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Freitag, 23. März 2007
50 Jahre Europa - und nu?
Am 23. März 2007 im Topic 'Politik'
Prof. Dr. Karl Albrecht Schachtschneider

Am 25. März 1957 wurde der Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft geschlossen, die als Europäische Gemeinschaft die wesentliche Säule der Europäischen Union bildet. Das halbe Jahrhundert des „Wunders von Europa“ will gefeiert werden.

Europa ist für Deutschland mehr als eine Zweckgemeinschaft für die Wirtschaft, für die innere und äußere Sicherheit etc. Europa ist in Deutschland Teil der Staatsreligion. Zur Schuldreligion ist die Hoffnungsreligion verordnet. Im Glück, Europäer zu sein, sollen die Deutschen ihr eigentlich unverdientes Leben weiter fristen dürfen. Dem ärgerlichen deutschen Wohlstand, der trotz verlorenen Krieges durch das Wirtschaftswunder größer war als der anderer Völker Europas, hat nicht zuletzt die Währungsunion energisch abgeholfen. Jetzt wird der Euro gar zum Symbol der Union erhoben, nachdem die Deutschen ihre D-Mark aufgeben mußten.

Die Kaste der Priester und Hohepriester stellt in Europa die Parteien- und Medienoligarchie, weniger gewählt als ausgewählt. Sie werden die Religion, die ihre Macht und Privilegien trägt, nicht aufgeben und können das nicht, weil sie ihre jahrzehntelange Politik dementieren müßten. Religion drängt zur Mission. Europa erweitert sich stetig. Die Bundeskanzlerin reist gerade als Ratspräsidentin, um den Verfassungsvertrag, die neue Heilige Schrift, zu predigen. Der Festigung des Glaubens und der Bekehrung der Ungläubigen dienen Verkündigung, sprich Propaganda, Rituale und Feste, etwa die Salbung zu Aachen und jetzt der Geburtstag. Jeder Integrationsschritt wird zelebriert, jede Regierungskonferenz ist Konzil, jedes Datum ein historisches Ereignis. Allenthalben werden frohe Botschaften verkündet wie die Lissabon-Strategie 2000/2010, die Europa zum „wettbewerbsfähigsten und wachstumsfreudigsten Wirtschaftsraum der Welt“ entwickeln wollte - welche Illusion -, oder die Grundrechtecharta, in Nizza 2001 feierlich proklamiert, der kläglichste aller Menschenrechtstexte. Europa ist absolutes Gebot, das schlechthin Gute. Es ist der Friede auf Erden, den Menschen ein Wohlgefallen. Beethovens Ode an die Freude muß als weiteres Symbol herhalten. Kritikern als Häretikern geben die korrekten Medien keine Stimme. Am 9. Mai wird „der Europatag in der gesamten Union gefeiert“ - aber von wem?

Die Machtstrukturen der Union lassen nicht zu, daß sich die „Eliten“, in Parteienstaaten eher eine Negativauslese, dem Zwang zur „Verwirklichung einer immer engeren Union der Völker Europas“ (Art. 1 des Europäischen Vertrages) entziehen. Wer wagt es schon, bei heiligen Messen Zweifel am Glauben zu äußern? Mit öffentlicher Zustimmung der Brüder im Glauben, überzeugt oder geheuchelt, kann er nicht rechnen. Das Echo der Tugendwächter in den Medien muß er scheuen. Die Absprachen unter den großen Brüdern, den Staats- und Regierungs­chefs, haben größte Verbindlichkeit, ganz unabhängig von ihrer Form. Den nationalen Parlamenten bleibt nichts als die formelle Umsetzung.

Der „gemeinschaftliche Besitzstand“ der Integration ist unangreifbar (Präambel des Verfassungsvertrages). Dazu rechnet man sogar die Richtersprüche. Die materialreichen Verträge können nicht wie Gesetze revidiert werden. Nationale Wahlen sind darauf ohne Einfluß; denn Vertragsänderungen setzen die Zustimmung von 27 Staaten voraus, auch die von Malta. Wahlen zum Europäischen Parlament bewirken so gut wie nichts. Sie können den Vertrag nicht ändern. Der Europäische Gerichtshof, Motor der Integration, heilige Kongregation ohne jede demokratische Dignität, korrigiert jedes priesterliche Versagen. Wenn die Minister im Rat die vom Großinquisitor Kommission vorgeschlagenen Rechtssätze nicht beschließen, hilft er nach. Er gewinnt den Texten Glaubenssätze ab. Notfalls kommt er auch ohne Text zurecht, wie in seiner Grundrechtejudikatur. Allein um der Integration willen hat der Gerichtshof ohne jeden textlichen Ansatzpunkt eine ausschließliche Befugnis der Gemeinschaft zur Handelspolitik gegenüber dritten Ländern dekretiert und die Volkswirtschaften den Zwängen der neoliberalen, kapitalistischen Globalisierung ausgeliefert. Aus den Grundfreiheiten hat er entgegen den Texten das Herkunftslandprinzip gefolgert und damit den Völkern die Hoheit über ihre Gesetze genommen.

Wo den Völkern Referenden über die Verträge verweigert werden, bleibt ihnen nur der Austritt aus der Union. Deutschlands Austritt würde erneut das Problem Deutschland aufwerfen, nach den Weltkriegen die Friedensfrage an sich.

Der Frieden unter den europäischen Völkern bedarf keines Unionsstaates, sondern der Republiken, die freiheitlich und friedlich sind, wie Immanuel Kant in seiner Friedensschrift darlegt. Für die europäische Integration sollten die Völker nicht aufgeben, wofür sie Jahrhunderte lang gedacht, geschrieben und geblutet haben, die Aufklärung und die allgemeine Freiheit. Die Europäische Union ist all das nicht, was sie zu sein verspricht, und kann das vor allem wegen ihrer Größe nicht sein. Sie ist keine Demokratie. Ihre Rechtssätze werden von der Exekutive erlassen, nicht von einem Parlament, das den Namen verdient. Sie ist mangels Gewaltenteilung und mangels wirklichen Grundrechtsschutzes, aber auch wegen des Demokratiedefizits kein Rechtsstaat. Sie ist kein Sozialstaat, sondern eine Region des globalen Kapitalismus, dem die Europäer nichts entgegenzusetzen vermochten. Vielmehr haben sie die weltweite Kapitalverkehrsfreiheit eingeführt. Längst haben die Manager, ausschließlich am Profit orientiert, ein Bündnis mit den Funktionären geschlossen wie in jedem Herrschaftssystem. Es rechnet sich bestens. Die einen werden reich, die anderen sind wichtig. Wer kann in den Parteienstaaten „Politiker“ aus ihren Stellungen verdrängen? Das System ist zäh, eine sanfte Despotie, quasi religiös legitimiert. Mit viel Brot und vielen Spielen werden die Untertanen ruhiggestellt, die Obrigkeit unterstützt von Journalisten, Künstlern, Sportlern.

Aufklärung verpflichtet zum Dienst an den Menschen, hier und heute, in dem Land, in dem wir geboren und zu Hause sind, ganz preußisch. Widerspruch sei unser Widerstand! Europa ist längst kein Friedenswerk mehr. Es gilt, ein europäisches Europa zu verteidigen, ja erneut zu begründen, ein Europa der Freiheit, des Rechts und der Staaten. Am 25. März gibt es nichts zu feiern.

Prof. Dr. Karl Albrecht Schachtschneider lehrt Öffentliches Recht an der Universität Erlangen-Nürnberg. 2005 erhob er Verfassungsklage gegen das Zustimmungsgesetz der Bundesrepublik Deutschland zum EU-Verfassungsvertrag.

Quelle: Junge Freiheit

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Naja, viel tut sich dort nicht mehr. Schade.
Was feiern? Die EU verschlingt Milliarden, aber wofür?

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Created by flinkefeder on Fr, 23. Mär, 17:38.

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