Untreue ohne Reue - Die Millionen von Berlin
Am 30. März 2007 im Topic 'Deutschland'
Es ist sechs Jahre her, aber schon fast vergessen. Im Frühjahr 2001 sorgte der Skandal um die Berliner Bankgesellschaft und dessen Immobilientochter Berlin Hyp wochenlang für Schlagzeilen. Die Bankenaufsicht drohte damit, eine der größten deutschen Banken zu schließen, eine Stadt war in Aufruhr. Die Große Koalition in der Hauptsstadt platzte und Klaus Wowereit übernahm mit seinem rot-roten Senat die Regierungsgeschäfte. Seitdem ächzt die Stadt unter einer gigantischen Schuldenlast und quält sich angesichts einer rigiden Sparpolitik.
Strafrechtlich jedoch hat der Skandal nach einem 20-monatigen Prozess und 78 Verhandlungstagen lediglich milde Konsequenzen. Das Berliner Landgericht verurteilte am Mittwoch den ehemaligen Vorstand der Berlin Hyp und früheren Berliner CDU-Fraktionsvorsitzenden Klaus Landowsky wegen Untreue zu einer Strafe von einem Jahr und vier Monaten auf Bewährung. Vier Mitangeklagte erhielten Bewährungsstrafen zwischen 12 und 16 Monaten, acht Angeklagte wurden freigesprochen. Dem einstigen "Paten" von Berlin bleibt damit das Gefängnis erspart.
Zwar ist das Urteil noch nicht rechtskräftig, trotzdem hat das Berliner Landgereicht in aller Nüchternheit zunächst einmal festgestellt, dass die Berliner Banker nicht nur schlecht gewirtschaftet, sondern auch Vermögen im großen Stil veruntreut haben. Der Vorsitzende Richter Josef Roth sprach in der Urteilsbegründung von „gravierenden Pflichtverletzungen“ bei der Vergabe von Krediten in Höhe von 235 Millionen Euro an die Immobilienfirma Aubis. Insofern ist das Urteil auch ein juristisches Signal.
Dennoch hinterlässt das Urteil angesichts des angerichteten Schadens einen schalen Beigeschmack. Der Fehler liegt allerdings im System. Denn bei der juristischen Aufarbeitung des Skandals um die Berliner Bankgesellschaft zeigte sich erstens, dass die Staatsanwaltschaft in diesem Wirtschaftsstrafverfahren, das zu den größten der Nachkriegsgeschichte gehört, mit 5000 Aktenordnern an Prozessunterlagen und äußerst komplexen Tatvorwürfen, von Anfang an personell und fachlich völlig überfordert war. Zweitens entpuppte es sich als juristisch außerordentlich schwierig, die 148 Ermittlungsverfahren mit völlig unterschiedlichen Beschuldigten und Tatvorwürfe so zu bündeln, dass sie überhaupt verhandelbar wurden.
Drittens kam den Angeklagten der schwammige Untreueparagraf im Strafgesetzbuch zu Hilfe. Dieser stellt nur „gravierende Pflichtverletzungen“ unter Strafe und erlaubt bei der Ermittlung des materiellen Schadens einen erheblichen Interpretationsspielraum. Wodurch nicht nur die Beweisführung erschwert wird, sondern Untreue-Prozesse auch beliebig in die Länge gezogen werden können. Angesichts der modernen Wirtschaftskriminalität ist dieser Paragraf völlig veraltet.
(...)
Quelle: Die Zeit
Strafrechtlich jedoch hat der Skandal nach einem 20-monatigen Prozess und 78 Verhandlungstagen lediglich milde Konsequenzen. Das Berliner Landgericht verurteilte am Mittwoch den ehemaligen Vorstand der Berlin Hyp und früheren Berliner CDU-Fraktionsvorsitzenden Klaus Landowsky wegen Untreue zu einer Strafe von einem Jahr und vier Monaten auf Bewährung. Vier Mitangeklagte erhielten Bewährungsstrafen zwischen 12 und 16 Monaten, acht Angeklagte wurden freigesprochen. Dem einstigen "Paten" von Berlin bleibt damit das Gefängnis erspart.
Zwar ist das Urteil noch nicht rechtskräftig, trotzdem hat das Berliner Landgereicht in aller Nüchternheit zunächst einmal festgestellt, dass die Berliner Banker nicht nur schlecht gewirtschaftet, sondern auch Vermögen im großen Stil veruntreut haben. Der Vorsitzende Richter Josef Roth sprach in der Urteilsbegründung von „gravierenden Pflichtverletzungen“ bei der Vergabe von Krediten in Höhe von 235 Millionen Euro an die Immobilienfirma Aubis. Insofern ist das Urteil auch ein juristisches Signal.
Dennoch hinterlässt das Urteil angesichts des angerichteten Schadens einen schalen Beigeschmack. Der Fehler liegt allerdings im System. Denn bei der juristischen Aufarbeitung des Skandals um die Berliner Bankgesellschaft zeigte sich erstens, dass die Staatsanwaltschaft in diesem Wirtschaftsstrafverfahren, das zu den größten der Nachkriegsgeschichte gehört, mit 5000 Aktenordnern an Prozessunterlagen und äußerst komplexen Tatvorwürfen, von Anfang an personell und fachlich völlig überfordert war. Zweitens entpuppte es sich als juristisch außerordentlich schwierig, die 148 Ermittlungsverfahren mit völlig unterschiedlichen Beschuldigten und Tatvorwürfe so zu bündeln, dass sie überhaupt verhandelbar wurden.
Drittens kam den Angeklagten der schwammige Untreueparagraf im Strafgesetzbuch zu Hilfe. Dieser stellt nur „gravierende Pflichtverletzungen“ unter Strafe und erlaubt bei der Ermittlung des materiellen Schadens einen erheblichen Interpretationsspielraum. Wodurch nicht nur die Beweisführung erschwert wird, sondern Untreue-Prozesse auch beliebig in die Länge gezogen werden können. Angesichts der modernen Wirtschaftskriminalität ist dieser Paragraf völlig veraltet.
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Quelle: Die Zeit