Freitag, 6. April 2007
Hafencity - Milliarden für einen Flop?
Am 06. April 2007 im Topic 'Deutschland'
Kalt, modern, herzlos - die Kritik an der anfangs so hochgelobten HafenCity wird immer lauter. "Total langweilig", sagt Stadthistoriker Professor Hermann Hipp. "Absolut schrecklich", meint Mahmood Sairally, bis 2004 Hamburger Landesvorsitzender des Bundes Deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure (BDB). Überregionale Zeitungen üben ätzende Kritik: Die Entwürfe für das neue Überseequartier hätten "etwas Unpersönlich-Glattes, Kühles, Windschnittiges", heißt es in der "Welt". Die Magellan-Terrassen seien der "entschlossenste Atmosphärentöter seit Erfindung der Fußgängerzone", schreibt die "FAZ-Sonntagszeitung". Eine "Ansammlung banalster Vermietungsobjekte", meint die "Süddeutsche Zeitung".

Der dazugehörige Artikel mit einer wundersam ignoranten, aber zu erwartenden Meinung des Oberbaudirektors der Hansestadt Hamburg, Jörn Walter, findet sich hier:

http://www.abendblatt.de/daten/2007/04/05/719265.html


Kommentar der Ökozialdemokröte

Die Hansestadt Hamburg und ihre Bauten

Die moderne Architektur hat es nicht leicht in der Elbmetropole. Diesem "Problem" widmen sich spätestens seit der Diskussion um den "Domklotz" oder "Glaskubus mit weltgewandter Ausstrahlung", wie er von Kritikern und Befürwortern genannt wird, viele Zeitungen und Geister. Kompetente Köpfe vom Fach diskutieren mindestens genauso angeregt über die "Engstirnigkeit" der traditionellen Hanseaten, wie ihre Kritiker über die "Verbohrtheit" und "Ignoranz" der Architekten von heute, gestern und morgen.


Architektur als schönes Gewand politischer Weltoffenheit

Eines sollte bei diesem Thema nicht vergessen werden: Architektur dient nicht alleine der Politur politischen und wirtschaftlichem Ansehens. Häuser und Büros sind vor allem eines: Lebensräume. Eigentlich erbärmlich für die großen Herren Vordenker der in Beton, Stahl und Glas manifestierten Unfähigkeit und ihrer kopfnickenden politischen Partner, dass der einfache Bürger es besser versteht als sie, welchem Anspruch ein neues Haus genügen sollte. Modernes Bauen verkommt leider allzu oft als Mittel zum Zweck. Und zwar nicht für seine Bewohner, sondern für seine Erbauer und Planer. Die hochgelobte "neue Linie" der Städteplanung, des Büro- und Wohnungsbaus ist meist nichts weiter, als ein verzerrtes Bild, ein mißverstandenes Verständnis der Gegenwart. Die deutsche Architektur ist in den letzten Jahrzehnten zu einer Bühne von Selbstdarstellern und selbsternannten Propheten des Zeitgeistes verkommen.


Der Mensch als kaserniertes Herdentier

Dabei ist es doch so einfach meine Herren! Wie wäre es mit einer Befragung der Bürger der Hansestadt gewesen? Mit einer Einbeziehung von Meinungen "normaler" Menschen? Der visualisierte Durchschnitt eines solchen Teamworks wird nicht gerade ein Mekka neuer und revolutionärer Architektur hervorbringen. Kein Feuerwerk kreativer Meisterleistungen. Das ist klar. Doch gerade das ist es, was Städte mit Weltgeltung meiner Meinung nach nicht immer wieder brauchen. Vielmehr braucht die Stadt von heute ein sensibles Gehör für das, was die Menschen wollen! Wer lebt denn nachher in den kalten Klötzen der Hafencity? Es sind Menschen wie Du und ich. Wer geht denn durch nüchtern angelegte Strassen zur Arbeit? Der Familienvater, der dachte, dass er mit seiner Familie dort ein schönes Fleckchen abbekommen hätte. "Mit Wasserblick und eigenem Bootssteg" Er wird es auch sein, der seine Kinder durch graue, mit elegant gesetzten "Farbtupfern" aufgelockerte Schluchten zur Schule fährt. Da sitzt er nun eines schönen Sommertages mit seiner Frau und entspannt sich auf fein portionierten und genau eingepassten "Grünflächen" mit den Kindern. Umgeben von edel designten "Stallungen" der Hafencity.


Auf der Suche nach dem Sinn stößt man auf Beton

Zurecht stellen sich immer öfter Städtebau-Experten und ihre Bürger die Frage nach dem Sinn dieser pseudo-modernen Bau- und Sichtweise. Doch worin liegt dieser? Ist es nötige, zur Schau getragene Weltoffenheit, mit einem gläsernen Wolkenkratzer an der Kehrwiederspitze den ankommenden Reisenden zu zeigen: Hier hat der Gedanke von Morgen Platz zu wachsen? Willkommen in der Stadt der großen Ideen? Lockt diese Art des Bauens wirklich Investitionen an? Wenn nicht, wofür steht sie dann? Wo bleibt der Mensch als Faktor in dieser Maschinerie. Das fragen sich auch schon manche Politiker. Mit einer gut getimeten Sympathiebekundung lassen sich bekanntlich verzüglich Wählerstimmen einsacken. Klar, dass man sich diesen Umstand nicht entgehen lässt. Doch wenn diese Kritiker von einst an der Reihe sind, wenn sie sich das Vetrauen "erworben" haben, diese schöne Stadt zu regieren und zu gestalten, werden auch sie sich nicht dem Lockruf entziehen können, sich mit einem Prestigebau ein Denkmal zu setzen. Egal, was der Bürger davon hält. Und das ist nicht nur hanseatische Tradition.

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